Fortsetzung: Die launische Blaumeise

Teil 2

Was bisher geschah:

Bisher ließ die kleine Blaumeise ihre Launen ungehindert an ihrer Umgebung aus. Darunter hatten bereits ein Pfau und mehrere Biber darunter zu leiden. Ob sie ihre Lektion noch lernen wird?


Der Bau der Hasen

Schnell ließ die Blaumeise den Fluss hinter sich zurück und näherte sich einem Wald. Abertausende von Bäumen standen dort, deren Wipfel im sanften Spiel des Windes vor sich hin tanzten. Als die leichte Brise jedoch je endete und durch starke Böen ersetzt wurde, beschloss die Blaumeise einen Unterschlupf aufzusuchen. Dabei stieß sie auf vier Hasen, die gerade dabei waren einen Bau auszuheben. »Wir müssen uns beeilen. Ein Sturm zieht auf! Wenn wir bis dahin nicht fertig sind, ergeht es uns schlecht.«, trieb einer der Vier seine Brüder zur Eile an. »Sieht aus, als könntet ihr Hilfe gebrauchen.«, stellte die Blaumeise sachlich fest, kaum das sie näher gekommen war und beschloss ohne groß nachzudenken, den Hasen zur Hand zu gehen.

Eine Weile ging dies gut, da die Blaumeise engagiert mitarbeitete. So schien es, als würden die Hasen ihr neues Zuhause noch rechtzeitig fertig stellen können. Da die Arbeit aber schwerer war, als der kleine Vogel es gewohnt war und ihm schon bald alle Knochen im Leib wehtaten, verlor er schnell das Interesse daran. Statt weiterhin zu helfen, spielte die Blaumeise lieber ausgelassen in der feuchten Erde. »Ich dachte du willst uns unterstützen? Doch nun sieht es ganz so aus, als würdest du lieber im Weg herumstehen, als dich nützlich zu machen.«, schalt sie einer der Hasen. »Euch zu helfen macht aber wenig Spaß.« »Es ist eben nicht immer nur alles lustig im Leben. Manchmal ist es auch notwendig, etwas zu tun, was man eigentlich nicht machen will.«, erklärte ihr daraufhin ein anderer Hase.

»Das finde ich albern. Lasst uns doch lieber spielen und Freude haben, als uns abzurackern!«, beschied die Blaumeise fröhlich. Die Hasen sahen sie bei diesen Worten zweifelnd an. »Wenn du das so siehst, ist das deine Sache. Es wird dich nicht weiter bringen im Leben, aber auch das ist deine Angelegenheit. Uns hält es jedoch auf. Du gehst daher besser, damit wir unsere Arbeit ungestört zu Ende bringen können.« Gekränkt, packte die Blaumeise ihre Habseligkeiten zusammen und flog davon. »Lasst uns weiterarbeiten. Es nützt nichts, jemanden bekehren zu wollen, der derart stur und von sich überzeugt ist. Wenn sie sich nicht ändern will, sind eben Einsamkeit und Gram ihr Los.«, meinte einer der Hasen. Zwei seiner Geschwister stimmten ihm ohne Wiederspruch zu. Nur Einen brachte das Verhalten der Blaumeise zum Grübeln, weshalb er beschloss, ihr zu helfen.

Eine nachdenkliche Blaumeise

Unglücklich starrte die Blaumeise vor sich hin, während sie sicher und geborgen in einem Astloch saß und der Sturm draußen an ihr vorbeizog. Wie unfair die Hasen doch gewesen waren. Sie einfach so zu verjagen, nur, weil sie ein wenig Spaß verbreiten hatte wollen. Und dann hatten sie auch noch versucht den kleinen Vogel zu belehren und davon zu überzeugen, dass sein Verhalten falsch wäre, was natürlich völliger Unsinn war. Doch konnte sich die Blaumeise des Gedankens dann letztendlich doch nicht erwehren, dass in den Worten der Hase ein Körnchen Wahrheit gelegen hatte. Immerhin hatten sie sie nicht gezwungen zu helfen. Dies hatte der kleine Vogel völlig allein entschieden. War die Blaumeise also wirklich launisch? Konnte dies der Grund dafür sein, dass alle anderen Waldbewohner sie mieden? Sie wusste es nicht. Betrübt und von Schuldgefühlen geplagt, glitt die Blaumeise irgendwann in einen unruhigen Schlaf.

Das folgenschwere Spiel

Am nächsten Morgen wurde sie von Lachen und Kichern geweckt. Verwundert wandte sie den Blick auf den Waldboden, wo sie die Hasen, die Bibern und dem Pfau freudig durch die Gegend laufen sah. Offenbar spielten sie ein Spiel, dass ihnen unheimlich viel Vergnügen bereitete. Gespannt flog die Blaumeise näher heran und beobachtete das Gesehen eine Weile, bevor sie das unbändige Bedürfnis befiehl, auch ein Teil des Spiels werden zu wollen. »Lasst mich mitmachen!« »Na gut, wenn du unbedingt willst. Aber dann musst du dich auch an unsere Regeln halten.«, meinte einer der Biber streng, was die Blaumeise jedoch nicht davon abhielt, einzuschlagen.

Nach einigen Minuten wurde dem kleine Vogel jedoch bewusst, dass irgendwas nicht stimmte. Denn jedes Mal, wenn er sich an eine der Regeln gewöhnt hatte, änderte sie sich von einem Moment zum andern, sodass die Blaumeise sich immer wieder umstellen und auf die neue Situation reagieren musste, was sie nicht nur körperlich forderte. Es dauerte gut eine Stunde, bis sie endlich erschöpft am Rand des Spielfeldes zusammenbrach. Keuchend und nach Luft schnappend, lag sie da, während sich die anderen Tiere um sie herum scharten. »Na, hast du schon genug?«, wollte der Pfau schadenfroh wissend.

Die ehemals launische Blaumeise

»Ich kann nicht mehr.«, beschied die Blaumeise am Ende ihrer Kräfte. »Dein Pech! Wir haben nämlich noch keine Lust aufzuhören. Also musst du weitermachen.«, forderte ein Biber. »Genau, es ist ein Vergnügen! Macht richtig Laune dich so zu fordern. Und das ist ja das einzige, was zählt.«, bemerkte einer der Hasen. Da fiel es der Blaumeise endlich wie Schuppen von den Augen. Sobald sie genug Kraft geschöpft hatte, setzte sie sich auf und sprach ruhig und überlegt: »Ich habe verstanden und meine Lektion gelernt.« »So, und welche wäre das?«, wollten die Tiere neugierig wissen.

»Ich habe euch allen durch meine Launen auf die ein oder andere Weise geschadet. Das war falsch und es tut mir schrecklich Leid. Nun habe ich verstanden, dass ich nicht immer nur das tun kann, wonach mir gerade der Sinn steht. Auch ist mir mittlerweile klar geworden, dass ich mich selbst damit wohl am Meisten verletzt habe. Aber ich will mich bessern, das schwöre ich! Gebt mir eine letzte Chance! Ich ertrage die Einsamkeit nämlich nicht mehr.«, sprach die Blaumeise mit Tränen in den Augen. »Das ist alles was wir hören wollten. Selbstverständlich kannst du bleiben und selbstverständlich werden wir dich unterstützten. Auf gute Nachbarschaft.«, riefen die Tiere und nahmen die Blaumeise in ihren Kreis auf. Von diesem Tag an war die Blaumeise nie wieder allein, sondern stets von Freunden umgeben. Auf diese Weise ließ auch irgendwann ihre Launenhaftigkeit nach und verschwand für immer.

© K.ST.

– Ende –

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