Die fabel.tastische Osterrettung

Ein Kater erneut auf Mission

Obwohl schon einige Monate vergangen sind, seit man zuletzt von ihm gehört hat, hat sich ein uns wohl bekannter Katers in all der Zeit kein bisschen verändert. Voller Optimismus und erfüllt von unbändiger Fröhlichkeit, war er durch die Welt getapst und hatte seiner Lieblingsbeschäftigung gefrönt. Dem Zuhören von Geschichten. Abends, wenn die Menschen sich in ihre Häuser zurückgezogen hatten, suchte er sie auf und lauschte allem, was sie zu erzählen hatten. Auf diese Weise hatte der Kater schon von allerlei Dingen gehört, daraus gelernt und sich Gedanken gemacht, inwiefern er und seine Freunde von den Geschichten profitieren konnten. So hatte er Ende November letzten Jahres auch von Weihnachten erfahren, was ihn derart begeistert hatte, dass er sein eigenes fabel.tastisches Weihnachtsfest organisiert hatte, dass letztendlich ein voller Erfolg geworden war. Ob ihm das nun auch mit dem Osterfest gelingt?

Ein fabel.tastisches Osterfest?

Es scheint daher keineswegs verwunderlich, dass der Kater augenblicklich aufmerksam wurde, als die Menschen von Ostern erzählten. Hingerissen vom Fest und seiner Bedeutung, suchte er seinen Freund, den Raben auf, dem er alles haarklein erzählte.

»Aus deinen Worten folgere ich, dass du nun ein fabel.tastisches Osterfest veranstalten willst.«, sprach der Rabe nachdenklich.

»Genau! Stell dir doch nur mal vor, wie schön es sein wird, wenn alle unsere Freunde zusammenkommen, gebackenes Osterlamm essen, den Osterstrauch schmücken, Eier färben und sobald es dunkel wird, dass Osterfeuer entzünden. All die Liebe, Hoffnung und Güte, die an Ostern verbreitet wird, sollten auch wir feiern. Und wer weiß, vielleicht bringt uns der Osterhase am Ostersonntag ja auch ein Geschenk zur Feier des Tages, wie er es für die Kinder der Menschen tut.«, schwärmte der Kater hingerissen. Obwohl der Rabe eine überaus skeptische Natur besaß, kam er nicht umhin, die Idee überaus reizvoll zu finden. »Nun gut, dann soll es so sein. Was bereiten wir zuerst vor?«, wollte er schließlich frohen Mutes wissen.

Ein aufgebrachter Osterhase

Nachdem der Kater dem Raben die ersten Arbeiten übertragen hatte, begab er selbst sich auf die Suche nach weiteren Utensilien die er für ein fabel.tastisches Osterfest als notwendig erachtete. Er war allerdings noch gar nicht weit gekommen, als er einem überaus aufgebrachten Osterhasen begegnete. Dieser sprang wild im Kreis herum, wenn er nicht gerade seine Arme vor Entrüstung in die Luft warf oder seinen Zorn in die Welt brüllte. Erschrocken blieb der Kater mitten auf dem Weg stehen und verfolgte sprachlos das Geschehen, als der Hase ihn bemerkte. Mit einem Satz sprang er auf den Kater zu und stach ihm warnend seinen Finger in die Brust. 

»Wieder so ein gieriger Bittsteller! Könnt ihr mich nicht in Ruhe lassen? Müsst ihr mir überall hin folgen und mich bedrängen? Ist es euch nicht endlich genug, was ich jedes Jahr für euch leiste? Immer wollt ihr mehr, mehr von allem! Mehr Geschenke, mehr Technik, mehr Geld, mehr Nachhaltigkeit, mehr Effekte. Ja, wen glaubt ihr denn, dass ihr vor euch habt? Eure persönliche Wunsch-dir-was-Fee?«, schrie das Tier entrüstet und bohrte seinen Finger tiefer in das Fell des Katers, sodass dieser vor Schmerz nach Luft schnappte.

Der Kater und der Hase

»Oh, aber ich wette, du bist anders! Vielleicht wünscht der Herr ein besonders ausgefallenes Geschenk von mir? Vielleicht soll es vielseitig nutzbar und pflegeleicht sein, aber gleichzeitig von geringer Größe und Gewicht, damit du es mit dir herumtragen kannst? Oder darf es vielleicht aufregend und abenteuerlich sein, aber nicht zu sehr, damit es einen nicht vom Alltagsgeschehen ablenkt? Sprich! Was soll es sein?«, brüllte der Hase verzweifelt weiter »Ich…«, begann der Kater zu erklären, wurde jedoch gleich wieder vom Osterhasen unterbrochen.

»Aber ich sage dir etwas. Jetzt ist Schluss. SCHLUSS! Aus, vorbei. Game over. Ich kündige! Seht doch selbst, wie ihr Ostern ohne mich zurechtkommt. Ohne euren treuen Schoßhasen, der völlig uneigennützig für euch unendliche Mühen auf sich nimmt und euch jedes noch so ausgefallene Geschenk zu bringen. Ohne Gegenleistung oder ein Wort des Dankes! Und das Jahr für Jahr! Nein, ich will nicht mehr. Sucht euch einen anderen Deppen, den ihr mit euren Wünschen an den Rand des Wahnsinns treiben könnt. Ich für meinen Teil habe genug. Die Stelle des Osterhasen ist nun offiziell ausgeschrieben. Leb wohl.«, verkündete der Hase schließlich und hoppelte davon, ohne sich noch einmal umzusehen.

Fällt das Osterfest ins Wasser?

Der Kater starrte ihm äußerst entsetzt nach, unfähig sich zu rühren. Er hatte das Ausmaß dessen, was sich gerade vor seinen Augen abgespielt hatte, noch nicht gänzlich erfasst. Als er es endlich tat, lief er sofort zurück nach Hause, wo der Rabe gerade dabei war, Holz zu einem Lagerfeuer aufzuschichten. Fassungslos hörte dieser mit an, was der Kater ihm erzählte. »Aber das ist ja furchtbar! Dann werden die Kinder doch sicher unglaublich enttäuscht sein, wenn der Osterhase ihnen am Ostersonntag keine Geschenke bringt. Wie egoistisch von ihm.«, rief der Rabe ärgerlich.

»Ich glaube, genau darin besteht das Problem.«, verkündete der Kater unglücklich, »Wenn man nur auf sich und seine Wünsche fokussiert ist, neigt man leider allzu leicht dazu, alles und jeden um einen herum zu vergessen. Und darunter zu leiden haben dann die, die einem unermüdlich zur Seite gestanden haben. Auch ich musste auf überaus unangenehme Weise lernen, dass dies fürchterliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Durch meinen Egoismus wäre immerhin fast unser fabel.tastisches Weihnachtsfest gescheitert. Ich glaube, der Hase ist es einfach leid unglaubliche Mühen für die Menschen auf sich zu nehmen, ihnen alle Wünsche von den Augen abzulesen und sie zu beschenken. Wahrscheinlich geht es ihm dabei auch nicht wirklich um den Dank, den sie ihm vorenthalten, sondern um etwas völlig anderes. Bestimmt ist er einfach überarbeitet und wünscht sich tief in seinem Herzen nur eines, nämlich Hilfe.«

Kleinlaut gestand der Rabe, dass der Kater damit vermutlich recht hatte. Umso begeisterter stimmte er zu, als der Kater vorschlug, dass es an ihnen war, dem Osterhasen zu helfen. Nur, wie sollten sie beide allein verhindern, dass das Osterfest für die Menschen ins Wasser fiel? Da kam dem Kater die rettende Idee. Er rief seine Freunde die Rehe, den Dachs, die Katzen, den Koi, den Pfau, die Kraniche, den Affen, den Hasen, den Igel, den Löwen und den kleinen Graupapagei Johann zusammen. Nachdem er sie von den furchtbaren Ereignissen unterrichtet hatte, legte er ihnen seinen Plan vor, welcher vorsah, zusammen Ersatzgeschenke zu basteln, die sie den Kindern am Ostersonntag in die Nester legen wollten. Ohne zu zögern erklärten sich seine Freunde einverstanden und begannen mit den ersten Vorbereitungen.

Erste Station: die Eier

Der Kater aber, machte sich unterdessen auf die Suche nach weiterer Unterstützung. Zügig lief er zum nächsten Bauernhof, wo er zielgerichtet den Hühnerstall aufsuchte. »Katzen haben an diesem Ort nichts zu suchen. Scher dich fort, sonst picken wir dich so lange, bis du dein unangemessenes Eindringen bereust.«, rief das Huhn Henrietta, die Herrin des Hühnerstalls. »Ich weiß, aber es handelt sich um einen Notfall. Bitte hört mich an.«, gab der Kater zu bedenken und schilderte sein Problem. Die Hühner hörten aufmerksam zu. Kaum das der Kater geendet hatte, plusterte sich Henriette auch schon entrüstet auf.

Der Kater und Henrietta, das Huhn

»Du willst unsere Eier bunt färben und als Geschenke in die Nester der Kinder legen, damit sie sich freuen? Natürlich helfen wir dir dabei! Es ist uns sogar ein großes Anliegen. Unsere Eier werden schließlich nur einmal im Jahr in den prächtigsten Farben eingefärbt. Wenn das Eierfärben für das Osterfest ausfällt, wann sollen wir sie denn dann in ihren herrlichen Gewändern bewundern? Zu Weihnachten?«, rief Henrietta aufgebracht und begann ihre Sachen zu packen. Auch die anderen Hühner sammelten laut schnatternd ihre Nester zusammen und siedelten damit in das Haus des Katers um, wo sie tatkräftig bei der Arbeit mithalfen. Erfüllt von Glück und Optimismus lief der Kater weiter.

Zweite Station: die Palmkätzchen

Wenig später gelangte er auch schon in einen Wald, in dem einige Biber gerade dabei waren einen massiven Damm zu errichten. »Verzeiht, wenn ich euch bei der Arbeit störe, aber ich brauche dringend eure Unterstützung«, eröffnete der Kater das Gespräch, bevor er sein Anliegen darbrachte. Die Biber hörten schweigend zu, bis ihr Gegenüber geendet hatte. »Du willst also, dass wir dir dabei helfen, Palmkätzchen zu ernten? Das können wir schon für dich erledigen. Aber sag, wozu brauchst du sie denn eigentlich?«, fragte einer der Biber mit dem Namen Manfred.

Der Kater und Manfred, der Biber

»Ich möchte sie zu kleinen Gestecken zusammenbinden, die den Menschen ein fabel.tastisches Osterfest, Freude und Segen zugleich bringen sollen.«, erläuterte der Kater, was die Biber schließlich überzeugte. Augenblicklich ließen sie die Arbeit am Damm hinter sich zurück und schritten zur Tat. Noch während sie die Palmkätzchen mit ihren langen Zähnen in gleich große Stücke zerteilten, machte sich der Kater wieder auf den Weg. Noch war er nicht am Ende seiner Besorgungsliste angelangt, wenngleich er sich langsam aber sicher dem Ende näherte.

Dritte Station: die Verteilung

So schnell er konnte suchte er eine Weide auf, von der er wusste, dass dort unzählige Tauben ihr Zuhause hatten. Er hatte Glück, denn die Tiere waren gerade im Aufbruch begriffen, als er schwer atmend bei ihnen ankam. »Nanu, du bist ja ganz außer Atem. Sag, ist etwas passiert?«, fragte ihn die Taube Susi überrascht. Keuchend berichtete der Kater ein letztes Mal von den Geschehnissen rund um den Osterhasen.

Der Kate rund Susi, die Taube

»Herrje, wie furchtbar! Kaum zu glauben, was du da erzählst. Aber gut, wir wollen dir helfen dein fabel.tastisches Osterfest zu retten. Wir werden dir zur Seite stehen und die Geschenke bei den Menschen abliefern. Fliegende Paketboten, sowas hat die Welt bestimmt noch nicht gesehen.«, gurrte Susi voller Tatendrang und machte sich zum Abflug bereit.

Ein Brief am Ostersonntag

Zusammen mit den Tauben kehrte der Kater eilig nachhause zurück, wo seine alten und neuen Freunde bereits unter Hochdruck daran arbeiteten, alle Ostergeschenke fertigzustellen. Sie beendeten die Arbeit keinen Moment zu früh. Denn als der nächste Morgen heranbrach, war der Ostersonntag bereits gekommen. Die Kirchenglocken verkündeten den Beginn des Festes und wurden schon bald darauf von entzückten Kinderschreien übertönt, die aus den Gärten der Menschen erschollen. Mit vor Aufregung geröteten Gesichtern zeigten diese ihren Eltern die Gaben, die sie auf ihrer Suche gefunden hatten. Verwundert besahen sich die Erwachsenen die Nester, in denen die bunt gefärbten Eier und die Palmkätzchengestecke lagen. Auf diese Weise stießen sie auch auf den vom Kater verfassten Brief, den sie mit noch größeren Erstaunen lasen.

Darin stand: »Verehrte Menschen! Ein wunderschönes, fabel.tastisches Osterfest wünsche ich euch. Hoffentlich erhellen die Geschenke euch euren Tag und machen eure Kinder glücklich. Wie ihr sicher schon gemerkt habt, stammen sie nicht wie sonst vom Osterhasen. Dieser fühlt sich im Moment derart unglücklich und überarbeitet, weshalb er die Arbeit niedergelegt hat. Vielleicht war es euch gar nicht klar, aber niemand nimmt gerne unendliche Mühen auf sich, ohne jemals dafür Unterstützung und ein Wort des Dankes zu erhalten. Aber noch ist es nicht zu spät! Ihr könnt das Blatt noch wenden. Wie genau, will ich euch jetzt erklären….«

Eine Überraschung am Ostermontag

Am nächsten Tag, dem Ostermontag, suchte der Kater den Osterhasen in seinem Bau auf. Dieser war jedoch wenig begeistert, Besuch zu empfangen. »Egal was du sagst, ich werde meine Meinung nicht ändern.«, brummte er nur missmutig und ließ sich zurück auf sein Sofa sinken, wo er weiterhin Trübsal blasen wollte. »Ich will nichts sagen, sondern dir etwas zeigen. Bitte komm mit nach draußen.«, sprach der Kater und zog sein Gegenüber nach draußen. Kaum waren sie aus dem Bau getreten, blieb der Osterhase jedoch wie angewurzelt stehen. Die Wiese vor seinem Haus war bedeckt mit unzähligen Gaben, sodass man kaum einen Schritt tun konnte. Unter den Geschenken befanden sich saftige Karotten, leckere Kuchen, selbstgemalte Bilder und allerlei andere Dinge. Gerührt sah der Osterhase den Kater an. »Ist das dein Werk?«

Doch dieser schüttelte lächelnd den Kopf: »Nein, es waren die Menschen, die dich derart reich beschenkt haben.« Verwirrt ließ der Hase seinen Blick über die Wiese schweifen. »Ja, sind sie denn aber gar nicht böse, dass sie am Ostersonntag keine Geschenke von mir erhalten haben?« »Statt dir, haben ich und meine Freunde die Geschenkeverteilung übernommen. Dabei scheint den Menschen wohl klar geworden zu sein, dass nichts in dieser Welt als Selbstverständlich angesehen werden sollte.«, erklärte der Kater weise. Seinen Brief erwähnte er dabei mit keinem Wort.

Ein fabel.tastisches Osterfest zum Abschluss

Gerührt, von so viel Selbstlosigkeit begann der Osterhase zu schluchzen: »Ich danke dir. Du hast mir eine wichtige Lektion erteilt, die ich gewiss niemals vergessen werden. Nie mehr will ich aus Ärger und Überforderung meine Berufung niederlegen, statt um Hilfe und Unterstützung zu bitten. Leider gibt es keine Möglichkeit, meinen Fehler rückgängig zu machen. Aber nächstes Jahr will ich wieder tatkräftig dazu beitragen, dass alle ein schönes Fest feiern können.« »Nächstes Jahr? Ostern ist doch noch nicht vorbei! Komm mit zu mir und meinen Freunden und feiere mit uns zusammen ein fabel.tastisches Osterfest.«, beschied der Kater dem Hasen, der die Einladung begeistert annahm.

Der Kater und seine Freunde

So kam es, dass der Hase am Ende des Tages vor einem prächtigen Osterfeuer saß, gebackenes Osterlamm und bunt gefärbte Eier aß, den geschmückten Osterstrauch betrachtete und feierte. Seine Geschenke hatte er mitgebracht, um sie mit seinem Gastgeber und dessen Gäste zu teilen, sodass alle sich daran erfreuen konnten. Und während die Tiere noch bis in die Nacht hinein feiern, ziehen wir uns langsam zurück, um ebenfalls ein fabel.tastisches Osterfest zu genießen.

© K.ST.

– ENDE –

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